![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
|
Wer die Gegenwart kontrolliert, der kontrolliert die Vergangenheit. Nichts ist vorherbestimmt - nichts ist zufällig. Worte sind Bilder. Worte verbinden. Worte trennen. Und manchmal geschieht es, dass die Botschaft auf den Worten reitet, ohne diese zu berühren, ohne von ihnen berührt zu werden, allein durch das erwachsene Verständnis. Neues bringt immer Veränderungen mit sich. Manche sind tiefgreifender als andere, manche werden kaum registriert. Dies ist nicht nur zwischen den kleinsten Teilen so, nein auch unter weitaus größeren und komplexeren Verbünden findet sich dieses Verhalten wieder. Bei und nach einer Veränderung jedoch ist es nie wieder wie davor. Dies ist ein essentielles Element einer jeden Veränderung, ja gar ihr deutlichstes und - für linearezeitige Wesen - einzigstes Merkmal. So war dies auch bei einem Volk der Fall, das sich über Generationen hinweg mehr und mehr mit einer Veränderung auseinander zu setzen hatte, die mehr und mehr ihrer Kinder und Brüder betraf. Es war dies keine technische Neuerung, auch keine wirtschaftliche, nein sie war weitaus essentieller. Essentiell im wahrsten Sinne dieses Wortes, denn es betraf das Innerste von ihnen, das anders war als das der vorangegangenen Generationen. Anfangs noch gab es viele verschiedene, die, obwohl sie sich im Innersten mehr glichen, sich untereinander ebenso unterschieden wie von den Abstammenden. Man fand sie nicht alle dicht beieinander. Es gab Regionen, Gebiete, in denen sie die Mehrheit ausmachten, doch ebenso gab es Regionen, Gebiete, in denen die einstigen die Mehrheit ausmachten. So war es gewachsen, so war ein Gleichgewicht gegeben, nicht stabil zwar, doch existent. So gab es Kontaktstellen, an denen Verstehen sich entwickeln konnte. Inmitten all dessen erwuchs unter denen, die früher noch nicht waren eine Distanz zu dem, dem sie angehörten und zugleich nicht anzugehören schienen. Sie beobachteten die Nachfolgenden der Alten und sahen mehr und mehr, dass sie nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und „ethisch” unterschied. Sie erkannten nicht die Natur und Natürlichkeit der einstigen Arten. Mit der Zeit definierten sie ihre Art und sich selbst anhand dieser Unterschiede. Allmählich ging dies gar soweit, dass sie gleiches oder ähnliches Gebaren bei sich selbst nicht mehr wahrnahmen, verkannten oder gar zu unterdrücken suchten. Dies endete damit allerdings nicht, denn mit jedem weiteren Fortschritt, den sie auf diesem Wege erzielten, fanden sie neue, noch kleinere Unterschiede, bis ihr Verhalten gar künstlich und entfremdet wirken mochte, ihr Glaube sich verdrehte. Und in Ansätzen bereits ihre Gesundheit schwand. Sie begannen in der Art ihrer Nahrungsmittel, durch ihre Ernährungsweise Zustände zu finden, die ihren Werturteilen zuwider waren. Die Aufnahme neuer Kraft wurde zusehends zu etwas peinlichem beschämenden - doch schlimmer als dies: zu etwas entwürdigendem. Innerhalb ihrer jungen Art waren nicht alle zu den gleichen Schlüssen gekommen, manche - Einzelne und lokale Gruppen - blieben auch bei den Nachkommen ihrer Väter, profitierten von ihrem Unterschied und halfen mit ihrer Einzigartigkeit dem Gemeinwohl. Die meisten anderen, so auch die, die sich zusehends zurückzogen, aber hatten es zunehmend schwer unter solchen zu leben, deren Leben aus dem zu bestehen schien, was sie so verabscheuten. Sie und eine dritte Gruppe sahen bald nur den Ausweg in einer räumlichen Trennung. Erst in Gebieten, die sie allein bevölkerten, später im Wegzug von all denen die nicht wie sie lebten, nicht wie sie leben konnten (wollten). Und wieder verging Zeit und es dauerte lange, ehe die nächste Veränderung für offene Augen erkennbar wurde. Es schien als würden die Gruppen der neuen Art nie ihren Platz, ihre Ruhe finden können. Doch diese Gruppe war nicht klein, sie war riesig, umfasste Tausende, die einander nicht kannten, voneinander nichts (wenig) wussten. Eine dieser Ideen fasste Fuß in verschiedenen solchen Gedankenherden, breitete sich in jedem davon (scheinbar?) selbstständig aus und nahm Gestalt an. Dunkle Spitzen berührten einander. „Ilta'echje ew'aalas'h” - „Ilta'echje” - „rouv'a'ra st'equu'i”, sprachen verunsicherte Stimmen zueinander. Dunkle Spitzen rieben aneinander, wanderten aneinander vorbei. Befühlten. „Illta'Echje”. Andere, gleiche gesellten sich dazu. Sie stimmten sich ein. Spannung lag in der Luft zwischen ihnen. Sie wollten nicht länger die alten Zustände erleben, nicht länger nur darüber reden, darunter leiden. Es war einst nur ein Spiel gewesen, Teil der allgemeinen mentalen Bildung. Sie hatten es fortgeführt, Informationen gesammelt, sich selbst darin vertiefend geschult. Aneinander, durcheinander und schließlich miteinander. Dabei entdeckten sie Zustände, die sie sehnen, die sie Träumen ließen. Die sie dazu aufforderten weiterzugehen. Es war kein Rausch, keine Droge, es war vielmehr das Fehlen all dessen. das sie so lockte. Denn dort wo nichts war, dort fanden sie mehr als sie sich erhofften. Doch sie konnten es nie alleine erreichen, es erforderte immer wahres zusammenfinden und ausgewogenes Miteinander. Sie versuchten still zu sitzen, doch es gelang ihnen nicht so, wie sie es sich vorstellten. Sie saßen still, doch die wachsende Anspannung schien ihre Körper zu zwingen sich zu bewegen. Ließ diesen oder jenen Muskel zucken, bevor er wieder gehorchte. Sie mussten weiter still bleiben, würden erst nach dem dieses Verlangen ihres Körpers nicht mehr drängte, weitergehen können. Leise begann schließlich eine Melodie zu spielen. Sie war einfach, schien von überall herzukommen. Sie sollte die Geister der Anwesenden von den leisen Geräuschen, die nie zu vermeiden waren, ablenken und ihnen helfen sich weiter auf sich selbst zu fokussieren um aus dieser Haltung heraus mehr Gespür für die anderen zu wecken. Die Klänge waren einzeln, doch nicht abgehackt, leiteten ineinander über. Und es dauerte lange ehe daraus ein komplexeres Klangspiel wurde. Eines dass die Anwesenden nicht nur leitete, sondern ihr Bewusstsein allmählich ausfüllte, es trug und unterstützte. Ihrer aller Atem war nun gleichmäßig ruhig. Der Rhythmus, nach dem ihr Körper spielte folgte und wurde dem ähnlicher, der der Melodie zugrunde lag. Die Kreise ihrer Hände war geschlossen. Ihr Atem weiterhin ruhig und gleichmäßig. Ihre Wahrnehmung verstärkt. Wo ihr eigenes Wesen endete, dort begann das des Nachbarn. Sie waren Umgeben von Wesen, die ebenso ruhig waren, wie sie selbst. Die ebenso fokussiert und aus dieser Konzentration heraus auf alles ausgerichtet waren, wie sie selbst. Es trug zur zusätzlichen Beruhigung der verbliebenen Anspannung bei. Einer verständlichen Anspannung, da dass was sie planten eine ungewisse Zukunft hatte. Sicher, sie hatten es oftmals gekostet, erprobt, doch alle ihre Theorien konnten nicht enthüllen, was werden würde wenn sie den Schritt nach vorne endgültig taten. Die Klänge der Musik drang nun durch ihre Haut in ihre Körper. War spürbar im Gewebe, an den Knochen. Die Frequenzen waren wohlgewählt, so dass es ein angenehmes Gefühl war, während ihre Ohren es gleichsam als wohltuend wahrnahmen. Und dann begann es. Der innerste Kreis erhob sich wortlos und synchron, die Hände aneinandergelegt belassend, als die Melodie sich wieder zurückzuziehen schien um nur noch den zarten Nebel auszuschmücken, der ihre Wahrnehmung der anderen noch einschränkte. Die Köpfe der beiden innersten neigten sich zur Seite als sie ein letztes Mal das aktivierten, von dem sie sich zu trennen gedachten. Silbernweißlich strahlte ein feiner Schimmer zwischen den sich berührenden Handflächen der beiden Lebewesen hervor, wurde intensiver als beide zugleich begannen sich der Lebenskräfte des anderen zu bedienen, während dieser gleiches mit ihren eigenen Tat. Überall nun im Raum waren feine helle Strahlen auszumachen. Sie beleuchteten die Handkanten, von denen sie ausgingen, und warfen einen zarten matten Schimmer auf die Leiber der Wesen, die ihre Energie kontrollierten. Warfen Schimmer auf die steinernen Säulen des Raumes, in welchem sie sich versammelt hatten. Und in diesem matten Licht verklang die Melodie allmählich als würde sie nach allen Seiten hin davontreiben. Was sie zurückließ waren Wesen an der Grenze zwischen Werden und Verderben. War der feine Schein, der überall einen Ursprung hatte. War das intensiver werdende Glühen des Lichtes in den Händen. Und dann begann es. Dann geschah es. Überall in und auf ihren Körpern brachen die Strukturen auf, wurden zu einem gleißenden Glühen während die Existenz ihrer Körper endete. Doch noch immer nicht lösten sie sich ihre Hände voneinander, noch immer behielten sie ihren Willen aufrecht und damit die Kraft die all dieses vorwärtstrieb. Es war ein gegenseitiges Nehmen, das in ein gegenseitiges Transformieren überging. Sie durften nicht mehr nehmen als ihnen genommen wurde und durften nicht weniger nehmen als ihre Reise verlangte. Als ihre Körper zerfielen, den anderen zuteil wurden, lösten sich ihre Geister allmählich von ihnen, waren wie frei in der Schwebe auf der Suche nach einem Halt. Tastend und rufend weiteten sie sich aus, suchten aus der sie begleitenden Verwirrung Auswege. Fühlten hin zu den anderen, wie sie es trainiert hatten ehe sie sich selbst verlieren würden. Still und in leichter Bewegung lauschten sie den Stimmen, den Gedanken, die sie nun zu vernehmen imstande waren. Und einige wenige begannen sich in dem neuen Netz zu bewegen, es auch aktiv zu erkunden, seine Veränderungen, sein Pulsieren zu beobachten. Seinen Ursprung und seine Möglichkeiten zu ergründen. Sie waren einander Fremde gewesen, nun waren sie sich näher als Brüder. Sie alle kannten das Gefühl des Alleinseins, der Einsamkeit, der Aussichtslosigkeit, der Verzweiflung, Doch sie alle fühlten, erkannten, dass dies nunmehr nur noch Erinnerung sein würde. Erinnerung eines Lebens das in jener Form nicht mehr existierte. Und wie es ruhiger wurde in dem neuen Gebilde, das jedem Auge verborgen bleiben würde, von jedem Ohr ungehört bleiben würde, nie betreten werden konnte, erkannten sie, dass sie nicht die letzten waren. Da gab es die, die noch immer im Nebel wandelten. Sie streiften das Gebilde ohne es zu sehen, sie spürten es, ohne es zu erkennen, sie hörten es ohne es zu verstehen. Und sie erkannten, dass sie sie nicht erreichen konnten. Sie waren nicht so ein Teil des Gemeinsamen, wie sie es waren. Und sie konnten das Gemeinsame nicht verlassen. Wollten es nicht. Es hätte bedeutet zu verlieren wofür sie gearbeitet hatten. Zu verlieren ohne der Möglichkeit einer Umkehr. Denn durch das Aufgehen in anderen gaben sie den Schlüssel zu ihrem neuen Sein den anderen. Gaben sie etwas einzigartiges um etwas einzigartiges zu erhalten. Ein Verlust dieser Verbindung hätte unweigerlich zur Folge, dass der Teil, den sie anderen genommen hatten fortan getrennt existierte und sie das einstige eigene nicht mehr zu berühren in der Lage waren, da jene Sinne ihre Klarheit verlören. Sie quasi in der Dunkelheit nach jenem Teil ihrer selbst suchten, um erneut vollständig zu werden, wie einer der seine Identität verloren hat und nach allem greift von dem er sich einen Hinweis erhofft. |
Zum Seitenanfang |