Band 1:  Die andere Hälfte meiner Seele Teil II:  Die Warnung




Kapitel 4


LYTA Alexander versuchte zu schlafen, aber ihre Träume waren verstört.  Das selbst war keine Seltenheit.  Es gab nur wenige auf Proxima 3, die nicht an Alpträumen über das Schicksal der Erde litten.  Lyta hatte gedacht, daß sie über sie hinweg wäre, aber sie kamen mit störender Unregelmäßigkeit zurück.  Aber diese Träume waren anders.  Sie handelten nicht vom Fall der Erde, und sie kamen jede Nacht seit der Zeit, als sie das erste Mal Satai Delenn gescannt hatte.
      „Ich werde nicht zulassen, daß meinen Kleinen Leid geschieht,” hatte die Stimme gesagt.  Sie wußte nicht, wer es war, oder was geschah, aber diese Stimme hallte seitdem immer wieder durch ihren Geist.
      „Ich werde nicht zulassen, daß meinen Kleinen Leid geschieht.”  Aber ihr geschah Leid.  Leid, Furcht und Verzweiflung.
      Und Schmerz.
      Eine Frau stand vor ihr.  Lyta erkannte sie vage als Lieutenant Ivanova.  Sie waren während der Zeit, als Ivanova bei General Franklin stationiert war, gelegentlich zusammengetroffen.  Lyta hatte jedoch immer versucht, sich von ihr fernzuhalten.  Da war etwas in Ivanovas Haltung, etwas in ihren Augen, Gedanken, die keines Scans bedurften, um sie zu entdecken.
      Lieutenant Ivanova haßte sie, haßte sie mit einer Leidenschaft und Wut, die fast greifbar war.  Lyta war verwirrt gewesen, aber hatte beschlossen, nicht darauf zu achten.  Rationales Denken und Vernunft hatten mit der Erde geendet.  Die Menschheit war nun ein sehr irrationales Volk.
      Lyta sah Ivanova wieder in ihren Träumen, aber diesmal war es anders.  Der Haß war immer noch da, aber diesmal war da noch etwas anderes: ein spöttische, sichere Gewißheit.  Ivanova verwandelte sich allmählich in eine schwarze Silhouette.  Es gab ein knisterndes Geräusch, und Lyta drehte sich um.  Da war eine schnelle Bewegung und Schmerz.
      Sie schrie und wachte auf, ihr Körper von Schweiß bedeckt.  Sie keuchte hart und schnappte in großen Atemzügen nach Luft, fast zu erschreckt, um zu atmen.  Was war das für ein Ding?
      Und dann kehrte ein vager Teil der Rationalität zurück.  Das waren Satai Delenns Erinnerungen - sie mußten es sein.  Sie hatte gehört, daß Ivanova in Satai Delenns Gefangennahme verwickelt gewesen war.  Aber was war das für ein Ding bei ihr?  Lyta hatte Gerüchte über neue Verbündete für die Widerstandsregierung gehört.  Waren ihre neuen Verbündeten jene.... Dinger?
      Sie schluckte plötzlich hart.  Sie war nicht allein in ihrem Zimmer.  „Licht,” flüsterte sie, aber zu leise für den Computer, um sie erfassen.  „Licht,” wiederholte sie lauter.  Das Zimmer wurde getaucht in Licht.
      Und vor ihr stand ein Vorlone.
      Sie hatte vor der Erinnerung in Satai Delenns Geist niemals zuvor einen Vorlonen gesehen, aber sie wußte, was er war.  Der Vorlone vor ihr war riesig, gekleidet in einen dunkelgrün und braun gefärbten Schutzanzug.  Sein Kopf bewegte sich langsam.  Er studierte sie.
      „Wer sind Sie?” fragte sie zögernd.
      <Wer sind Sie?> entgegnete er.
      „Was wollen Sie?” hauchte sie.
      Seine Augen flammten hell auf.  <Stellen Sie niemals diese Frage>  Ein brennender Schmerz durchfuhr ihren Schädel - sie schrie auf, ergriff ihren Kopf und fiel zu Boden.
      „Was wollen Sie von mir?” wiederholte sie.  „Was.... wollen...?”
      <Zuschauen und Beobachten.>
      „Ich verstehe nicht.  Warum ich?”
      <Ihre Gedanken sind das Lied.  Ihre Fragen sind die Musik.>
      „Ich verstehe noch immer nicht.”
      <Nein.>
      „Werde ich es jemals verstehen?”
      <Vielleicht.  Wenn Sie den Sinn finden können.>
      „Welchen Sinn?”  Stille.  „Warum haben Sie mich ausgewählt?”
      <Ihr Herz enthält die Symphonie.  Ihr Geist enthält das Schicksal.  Die Lawine gerät ins Rollen.  Die Dunkelheit kommt.  Sie müssen das Licht sein.>
      „Ich.... verstehe nicht...”  Lyta schrie erneut auf, ihr Kopf war zurückgeworfen.  Als die Sicherheitsleute ankamen - angelockt durch den Klang ihrer Schreie - lag sie bereits bewußtlos auf dem Boden.

*    *    *    *    *    *    *

G'Kar war in seinem Leben bereits vieles gewesen.  Sklave, Widerstandskämpfer, Held, Kriegsführer, General, Taktiker, Verbannter, Prediger, Prophet.  Und zu all' den Dingen, die er noch werden würde, hatte er niemals geplant, eine Leiche dazu zu zählen.
      Nicht, daß er in dieser Sache überhaupt etwas zu sagen hätte, aber glücklicherweise taten das andere.
      Sheridan schritt ruhelos auf und ab, während er versuchte, den Zorn und die Niedergeschlagenheit, die er immer nach einem Kampf spürte, abzureagieren.  Captain John Sheridan war nur lebendig - nur wirklich lebendig - inmitten eines Kampfes.  Nach einem Kampf erkannte er dies', und haßte sich dafür, daß er es soweit hatte kommen lassen.  Natürlich konnte er nichts dagegen tun, aber er sah den kranken Scherz dahinter, und haßte den Scherz, weil er existierte, und sich selbst, weil er davon wußte.
      Natürlich trug die Tatsache, daß er sich in der Wildnis der G'Khorazhar-Berge in Begleitung eines lebenden Narn, einiger hundert toter, eines irgendwo in der Mitte, eines Minbari und einer Menschen befand, nicht unbedingt zu seiner guten Laune bei.  Er hatte das Gefühl, daß jeder mit ihm spielte, ihn als Marionette benutzte.  Jeder von General Hague, bis Mr. Welles, Satai Delenn, G'Kar ....  Jeder.
      „Ist es bei Ihrem Volk üblich, so umherzuwandern?” fragte plötzlich eine rauhe Stimme.  Er ignorierte Neroon.  Die Alternative wäre ein Kampf, welcher damit enden würde - Sheridan war schließlich Realist - daß er ernsthaft zusammengeschlagen werden würde.
      Neroon saß ruhig auf einem Felsen und lehnte sich leicht auf seinen ausgestreckten Kampfstab.  Er war leicht in der Schlacht gegen das... Ding, welches G'Kar angegriffen hatte, verwundet worden.  Dennoch schenkte er seinen Wunden keine Beachtung.  Typisch Minbari.  Immer so verdammt arrogant.
      „Wußten Sie, daß ich während des Krieges über fünfzig Tausend Ihrer Leute getötet habe?” fragte Neroon in was Sheridan für einen Konversationston hielt.  „Ich war bei der Schlacht, die Sie die Frontlinie nennen.  Ich habe einem Teil davon geleitet.  Ich gehörte zum persönlichen Stab von Shai Alyt Branmer, dem größten unserer Generäle.”
      „Nun, nach meiner Berechnung,” sagte Sheridan, „habe ich wohl eine ähnliche Anzahl Ihrer Leute getötet.  Wie viele waren wohl auf dem Schwarzen Stern?  Und dann waren da diese Schiffe über dem Mars.... oh ja, und vergessen Sie nicht die zwei Mitglieder Ihres Grauen Rates.”
      „Ich bin nicht stolz auf meine Taten, Captain.  Überhaupt nicht stolz.”
      „Nun, ich bin es.  Weil jeder Sieg, egal wie klein, meinen Leuten wenigsten etwas Hoffnung gegeben hat.  Ich hörte, es gab ein Fest auf den Straßen, als ich den Schwarzen Stern zerstörte.  Warum?  Ich habe nur Ihr Flaggschiff in eine Falle gelockt.  Nichts Auffallendes, nichts Besonderes.  Aber es bewies, daß wir gewinnen konnten.  Es gab meinen Leuten Hoffnung, und darauf bin ich verdammt stolz.”
      „Ich verstehe.  Natürlich erkennen Sie, daß es keine Hoffnung für Ihr Volk gibt.  Wenn unsere Flotten über Ihrem Zuhause auftauchen - und das werden sie, glauben Sie mir - dann werden Sie niedergemetzelt, bis auf den letzten Mann, die letzte Frau und das letzte Kind.”
      „Und ich nehme an, Sie werden dort sein.  Direkt an der vordersten Reihe, genau wie beim letzten Mal.”
      „Nein, eigentlich nicht.  Ich werde mich daran nicht ergötzen, und dabei keinen Stolz empfinden, denn die Zerstörung Ihres Volkes wird bedeuten, daß wir verloren haben.  Der Tod Ihres Volkes wird bedeuten, daß wir verdammt wurden. Wir werden ebenfalls ein totes Volk sein, wir werden nur etwas länger brauchen, um zu sterben.”
      „Nun, ich würde uns noch nicht abschreiben, wissen Sie. Wir sind nicht ganz allein, wissen Sie.”
      „Die Narn, was? Zu was wären die gut? Nein, Captain, wir alle sind immer allein. Allein in der dunklen Nacht.”
      „Wie auch immer. Sollten Sie sich nicht um G'Kar kümmern oder so?”
      „Ta'Lon macht das.”
      „Wenn das so ist, dann macht er es auf eine verdammt sonderbare Weise. Ich sah ihn in diese Richtung dort hinken.”
      „Im Augenblick ist G'Kar am Leben. Ob er irgendwann im Laufe des Tages stirbt oder nicht, hängt von anderen Mächten als den meinen ab.”
      Sheridan blickte eingehend auf Neroon. Dann lachte er sanft auf und fuhr mit seinem Gang fort. „Sie finden etwas witzig?” bemerkte der Minbari.
      „Sie. Was zum Teufel macht ein Minbarikrieger in einer Narnwildnis umgeben von Narn? Wenn Sie wirklich so bedeutend wären, wie Sie behaupten, könnten Sie jetzt bereits Ihre Armeen führen. Verdammt, Sie könnten sogar im Grauen Rat sein.”
      „Vielleicht. Da wäre sicherlich ein Platz für mich, wenn Sinoval jemals zu der Position aufsteigt, nach der er strebt. Und ich könnte, wenn ich noch auf Minbar wäre, sicherlich bereits sogar Entil'zha sein. Schließlich hat mich Branmer zu seinem Erben ernannt.”
      „Also dann? Warum sind Sie hier?”
      „Warum sind Sie hier?”
      „Nun, falls Sie sich erinnern, haben Sie, Ta'Lon und dieses verlogene Weib Na'Toth mich bewußlos geprügelt und den ganzen Weg hier hinaufgeschleppt. Oder dachten Sie, ich wäre wegen meiner Gesundheit hier?”
      „Sie sind es, und wenn Sie es nicht erkennen, dann ist das Ihr Problem. Aber Sie haben die falsche Frage beantwortet, Captain. Warum sind Sie hier, an diesem Ort, zu dieser Zeit, in dieser Uniform?”
      „Ich....” Sheridan zögerte. „Ich weiß es nicht. Spielt es eine Rolle?”
      „Das Universum führt uns an Orte, wo wir das meiste bewirken können. G'Kar hat mir das erzählt, und dabei den Glauben der Minbari wiedergegeben. Ich bin hier, weil ich glaube, daß das der richtige Ort für mich ist. Ich kann hier mehr Gutes tun, als ich es auf Minbar könnte. Auch Ta'Lon fühlt, daß er hier mehr tun kann als als Leibwächter oder Diener in G'Khamazad. Wir sind an den Orten, wo wir das meiste bewirken können. Sind Sie es?”
      „Ich weiß es nicht.”
      „Dann sind Sie es nicht. Ich schlage vor, daß Sie Ihren richtigen Platz finden, und zwar schnell. Die Gefechtslinien werden bereits gezogen. Oh, nicht zwischen Menschen und Minbari, oder zwischen Narn und Centauri, sondern zwischen Licht und Dunkelheit. Es kann keinen Mittelweg geben.”
      „Und Sie sind auf der Seite des Lichts, nehme ich an?”
      „Das würde ich annehmen.”
      „Also dann,” sagte Sheridan, halb im Scherz, „bin bin ich? Auf der Seite der Dunkelheit, nehme ich an? Als Ihr Feind?”
      „Sie haben jeweils einen Fuß in beiden Welten, Captain. Sie sind in der Mitte gespalten, zu gleichen Teilen. Sie werden sich entscheiden müssen, wo Ihre Loyalität liegt.”
      „Dort, wo sie immer lag. Bei meinem Volk.”
      „Aber wer repräsentiert Ihr Volk? Wer in Ihrem Volk hat das Recht, Ihnen zu sagen, was Sie tun, wo Sie stehen, was Sie sagen sollen? Wenn Ihr Volk gespalten ist, auf welcher Seite stehen dann Sie? Auf der der Dunkelheit, oder des Licht, oder abseits, um eine Neutralität zu heucheln, die unmöglich ist? Sie werden vielleicht schon bald eine Entscheidung treffen müssen, Captain, und wenn Sie dafür nicht bereit sind, wird diese Entscheidung Sie zerstören.”
      „Was wissen Sie über Entscheidungen?”
      Neroon schien zu lächeln. „Lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen, Captain. Sie beginnt vor vielen Tausenden von Jahren.....”

*    *    *    *    *    *    *

Die Minbarifrau, die vor einer Million Jahren Satai Delenn von Grauen Rat gewesen war, blinzelte und versuchte zu schlucken. Ihre Kehle war trocken und wund. Sie hatte in dieser Zelle ihr Zeitgefühl verloren, aber sie wußte, daß sie weder geschlafen noch gegessen hatte, seit sie hierher gebracht worden war. Sie hatte Angst, und war allein, und zweifelte an dem Zweck ihres Daseins. Sie zweifelte sogar an ihrer eigenen Identität, und gäbe es nicht Mr. Welles oft sarkastischen Gebrauch ihres Namens, würde sie ebenfalls daran zweifeln.
      „Also, Satai Delenn, hatten Sie eine angenehme Ruhe?” Welles setzte sich nieder und schnippte beiläufig an dem Schalter, welcher die elektrischen Schläge beendete, die sie am Schlafen hindern sollten. Er stützte seine Ellenbogen auf den Tisch, verwob seine Finger fest ineinander und blickte über sie hinweg auf Delenn hinab.
      „Heute müssen wir uns über die Organisation Ihrer Armee unterhalten. Soweit ich es verstehe, ist...”
      „Ich werde Ihnen nichts mehr sagen,” fauchte sie. Welles hob eine Augenbraue in einer Geste, von der sie wußte, daß sie zynische Überraschung, vielleicht sogar Belustigung, bedeutete. „Sie werden es von mir mit Gewalt nehmen müssen.”
      „Ich verstehe, und was hat diesen plötzlichen Anflug von Trotz hervorgerufen, hmm? Welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen Ihres erneuerten Widerstandes?”
      Was sollte sie ihm sagen? Daß sie eine Vision von Valen gehabt hatte, genau wie damals, als sie ein Kind gewesen war, allein und voller Angst in seinem großen Haus? Daß sie etwas Erschreckendes und Furchtbares entdeckt hatte, etwas, das unmöglich zu glauben war?
      Daß sie entdeckt hatte, daß Valen ein Mensch war?
      Konnte sie ihn das sagen? Oder würde das bloße Äußern dieses Glaubens einem anderen vernunftbegabten Wesen gegenüber einfach die endgültige Bestätigung ihres Wahnsinns zur Folge haben? Oder ihrer Verdammung? Des Endes ihres großen Schicksals und ihrer heiligen Sache?
      Sie hatte immer gewußt, daß, wenn sie starb, ein anderer an ihre Stelle treten würde, aber wer würde dieser andere sein? Sinoval? Er war von der Dunkelheit auf eine Weise berührt, die er weder sehen noch verstehen konnte, aber dennoch war der Makel da. Lennann? Es fehlte ihm der Mut, oder der Glaube in sich selbst. Hedronn? Ihm fehlte der Glaube, daß es auf ihn ankam. Branmer? Er war tot. Draal? Er zweifelte an seinen Fähigkeiten. Neroon? Er war..... fort.
      Es gab niemanden, der sie ersetzen würde, und wenn sie fort war, würde der Graue Rat fallen, so wie die Ranger gefallen waren, und die einzige Hoffnung für das Licht würde ein Narn sein.
      „Natürlich könnte ich einfach die Informationen aus Ihnen heraus zwingen. Zufällig habe ich gehört, daß Miss Alexander sich im Augenblick nicht wohl fühlt. Offenbar irgendeine Art von plötzlichem Anfall letzte Nacht. Sie erholt sich zur Zeit im Medlab, aber sie wird noch einige Tage brauchen, bevor sie hierhin zurückkehren kann. Zweifellos erfüllt Sie das mit Freude?”
      „Wie kann der Schmerz eines anderen Lebewesens irgend jemanden mit Freude erfüllen?”
      „Ich weiß es nicht. Sagen Sie es mir. Haben Sie Freude gefühlt bei der Eroberung der Erde? Haben sie Freude gefühlt bei der beinahen Vernichtung einer Spezies? Haben Sie?”
      „Nein!”
      „Oh, Satai Delenn. Lügen Sie mich an, soviel Sie wollen, aber lügen Sie sich nicht selbst an. Sie haben, nicht wahr? Aber es war in Ordnung. Sie waren damals verrückt. Wahnsinnig. Ihre Taten sind deswegen entschuldigt, nicht wahr? Sie können gerechtfertigt werden, wegdiskutiert als nichts mehr als ein Glücksfall der Umstände.
      „Erklären Sie das den Angehörigen all' derer, die dort gestorben sind! Wie können Sie? Wie können Sie auf alle diese Witwen und Waisen und kinderlosen Eltern blicken und sie anlügen?”
      „Ich kann es nicht,” flüsterte sie.
      „Wie können Sie ihnen sagen, daß Sie keine Freude gefühlt haben bei den Taten, die Sie begingen?”
      „Ich kann es nicht.”
      „Wie können Sie es dann zu sich selbst sagen?”
      „Ich kann es nicht.”
      „Also, Sie verstehen. Eine weitere Frage. Wie können Sie mit sich selbst weiterleben mit diesem ganzen Blut an Ihren Händen?”
      „Ich.... kann.... Nein. Ich muß weitermachen. Sie verstehen es nicht. Sie können es nicht verstehen. Ich hatte Unrecht, ja. Wir hatten Unrecht. Wir waren beherrscht von Zorn, Haß und Angst, und wir schlugen aus nach denen, von denen wir glaubten, sie wären schuld. Wir glaubten, Sie wären schuld, und so schlugen wir aus, ohne Grund, ohne Verstand oder Logik.
      „Und nun sind Sie das, was wir aus diesem Wahnsinn erschaffen haben. Sie sind allein, Mr. Welles, genauso allein wie wir es waren. Sie sind allein in Ihrer Angst, Ihrem Zorn und Ihrem Haß. Ich habe nichts zu sagen zu den Witwen, Waisen und kinderlosen Eltern außer diesem:
      „Folgen Sie nicht unserem Pfad! Wir hatten Unrecht. Wenn Sie unseren Fußstapfen folgen... wenn Sie einen Pakt mit der Dunkelheit eingehen, um Ihr eigenes Bedürfnis nach Rache zu befriedigen, dann werden Sie genauso schlimm werden, wie wir es waren, und Ihre Fehler werden genauso schwerwiegend sein wie unsere.”
      „Diese.... Dunkelheit? Wer kann sagen, daß sie nicht unser Licht ist? Unsere Hoffnung für die Zukunft. Und wer kann sagen, Satai Delenn, daß wir Ihre Leute aus einem Bedürfnis nach Rache heraus bekämpfen? Wir gehorchen einfach nur dem größten Bedürfnis jedes fühlenden Wesens: dem Drang zu überleben! Ihre Leute werden uns zerstören. Oh, vielleicht wollen Sie das nicht, aber die, die Sie zurückgelassen haben, werden es. Wir werden jeden Schritt unternehmen, den wir für nötig halten, um unser Volk zu retten! Was gibt Ihnen das Recht, uns diese eine einfache Sache zu verweigern - zu überleben!”
      „Und wie viele müssen sterben, damit Sie überleben können?”
      „So viele wie nötig.”
      „Sie sind ein Kind, Mr. Welles. Ein verängstigtes Kind, das ausschlägt nach denen, die es für seine Angst verantwortlich macht.”
      „Nach denen, die für unsere Angst verantwortlich sind. Und das sind Sie, Satai Delenn. Vergessen Sie das nie. Vergessen Sie niemals diejenigen, die Sie getötet haben, und lassen Sie ihre Schreie niemals in Ihren Ohren verstummen, denn sie werden niemals in meinen verstummen.”
      „Ich werde das niemals vergessen, Mr. Welles, aber ich werde wissen, wie ich die Erinnerung an die Gefallenen benutzen kann, um eine bessere Zukunft zu erschaffen.”
      Welles lachte barsch auf. „Blicken Sie sich um, Satai Delenn. Das hier, das ist Ihre Zukunft. Dieser eine Raum. Dieser eine Stuhl. Miss Alexander. Und ich. Das ist alles, woraus Ihre Zukunft besteht. Erfreuen Sie sich an ihr, solange sie hier ist.”

*    *    *    *    *    *    *

„Im Universum existieren Wesen, die Milliarden Jahre älter sind als alle uns bekannten Völker. Vor unvorstellbar langer Zeit wandelten sie zwischen den Sternen wie Giganten, zahlreich und zeitlos. Sie unterrichteten Völker neu entstandener Welten, erforschten die Randzonen, errichteten Imperien. Aber alles im All hat ein Ende. Langsam, im Laufe von Jahrmillionen, gingen diese Allerersten fort. Einige verließen das All, um nie zurückzukehren. Andere verschwanden ganz einfach.
      „Einige der Allerersten haben uns nicht verlassen. Sie blieben zurück in unserer Galaxis und warteten auf den Augenblick, wenn die Schatten wieder zurückkehren. Die Ältesten der Alten sind die Schatten. Wir haben keinen anderen Namen für sie. Wir brauchen keinen anderen Namen für sie.
      „Vor tausend Jahren wurden die Schatten durch eine Ansammlung von Rassen besiegt und von ihrer Heimatwelt Z'ha'dum in der Randzone vertrieben. Es war das letzte Mal, daß die Allerersten offen zwischen uns wandelten. In Erwartung der Erfüllung unserer Prophezeiung haben wir uns vorbereitet auf den Tag, wenn die Schatten nach Z'ha'dum zurückkehren.
      „Wir entdeckten die ersten Beweise, daß die Schatten zurückkehrten, kurz nach dem Angriff auf Ihre Heimatwelt. Wir entdeckten ein Schiff des Feindes, vergraben tief unter dem Erdboden Ihres roten Planeten. Es sandte ein Signal nach Z'ha'dum, und wir zerstörten es.
      „Da gab es noch ein weiteres Schiff, verborgen in Ihrem Sonnensystem, verborgen auf einem Mond Ihres größten Planeten. Dieses erwachte ebenfalls, und die Schatten schickten ein Bergungsschiff, um es zurückzubekommen. Wir warteten, und wurden vernichtet. Vier unserer größten Schiffe wurden zerstört, mit verachtungsvoller Leichtigkeit. Wir wußten, daß der Große Krieg, von dem Valen gesprochen hatte, näherkam, und wir wußten, daß wir bereit sein mußten.
      „Und so begannen wir, uns vorzubereiten. Die Ranger, zuletzt vor tausend Jahren geformt, wurden wieder aufgestellt, bestehend aus Minbari aller drei Kasten, aber überwiegend aus Kriegern. Um sie zu führen, wählten wir Branmer, den größten unserer Kriegsführern, aber er was am größten darin, daß er ein Kriegsführer ohne Liebe zum Krieg war. Er wurde bewundert, respektiert und führte die Ranger gut. Als sein Assistent war ich immer an seiner Seite. Ich war ein Ranger. Ich ging auf Missionen, um die Stärke der Schatten auszuwerten, Wissen zu sammeln, Verbündete zu gewinnen.
      „Vor vier Zyklen war ich auf einer Mission auf einer der Markab-Welten. Die Markab wußten ebenfalls von den Schatten, und sie starben an einer mysteriösen Seuche. Ich war gesandt worden, um gewisse Artefakte wiederzufinden, welche sich als nützlich gegen die Schatten erweisen könnten. Andere waren ebenfalls dort. Agenten des Feindes. Es war eine Menschenfrau, schön vom Angesicht. Es gibt eine alte Redewendung bei meinem Volk. „Das Böse trägt manchmal ein freundliches Gesicht.”
      „Sie wußte, was ich wollte, und sie wollte das gleiche. Wir kämpften und ich tötete sie, aber da war etwas, das in ihr wohnte. Die gleiche Bestie, die wir heute vernichtet haben. Sie griff mich an, und tötete mich beinahe. Ich wurde zum Sterben zurückgelassen, verwundet und allein, auf einer fremden Welt.
      „Aber ich bin nicht gestorben. Ich wurde von Ta'Lon gerettet. Er war ebenfalls auf der Suche nach diesen Artefakten, und er wußte über die Ranger Bescheid. Er verband meine Wunden und heilte mich, und als ich ihn fragte, warum, sagte er, weil wir den gleichen Krieg kämpften.
      „Und dann erzählte er es mir. Wir waren nicht die einzigen, die von der Existenz der Schatten wußten. Ein anderer tat es auch. G'Kar. Er versammelte bereits seine eigenen Kräfte, im Geheimen, um den Weg zu ebnen. Ta'Lon brachte mich hierher, um G'Kar zu treffen, und ich hatte eine Erleuchtung. Ich war im Unrecht gewesen. In meiner Arroganz war ich sehr im Unrecht gewesen. Wir waren nicht die richtigen, um im Krieg zu führen. Die Ranger fielen bereits auseinander. Branmer war krank, und ich wußte, daß ich nicht führen konnte. Das würde nur einen wie Sinoval oder Kalain übriglassen, und die Ranger würden ein politisches Werkzeug werden, und nicht eine Armee des Lichts.
      „Und ich kehrte nach Minbar zurück. Ich sprach mit Branmer, und er sagte mir, ich müsse meinem Herzen folgen. Und dann sprach ich mit Delenn, und wir trennten uns, und ich kam hierher, und seitdem habe ich G'Kar und seinem Traum gedient, weil es das Richtige ist. Ich habe meine Liebe geopfert, meinen Rang, meinen Titel, aber ich weiß, daß das das Richtige ist.”
      Neroon beendete seine Geschichte und blickte auf Sheridan, der einfach nur zurückstarrte. Delenn? Er hatte Delenn gekannt? Und all' das über die Dunkelheit und die Schatten. Das waren Susans Freunde. Natürlich hatte sie ihm soviel erzählte, aber was davon war wahr, und was war einfach nur eine Lüge? Warum sollte G'Kar die Schatten bekämpfen? Warum?
      „Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen glauben soll,” entgegnete Sheridan.
      „Dann, bei allem, tun Sie es nicht. Glauben Sie G'Kar. Wenn er wieder zu sich kommt, wird er mit Ihnen sprechen wollen.”
      „Er liegt im Sterben. Können Sie das nicht sehen? Wer kann ihm hier draußen denn helfen?”
      „Er kann.” Neroon zeigte auf etwas und Sheridan drehte sich um. Er stutzte, und starrte einfach hin.
      Er hatte noch nie zuvor einen Vorlonen gesehen.

*    *    *    *    *    *    *

<Es wird einen Preis zu zahlen geben,> sagte der Vorlone, als er über G'Kars Körper stand. <Er liegt im Sterben. Er wird tot sein. Es wird einen Preis geben.>
      „Er wird bezahlt werden,” versicherte Neroon.
      <Ja>, sagte er.
      Sheridan war sich nicht ganz sicher, was daraufhin geschah. Der Schutzanzug des Vorlonen begann sich zu öffnen, und da war ein blendendes Licht. Er taumelte zurück, seine Augen bedeckend, und als er sie erneut öffnete, stand G'Kar aufrecht - schwankend zwar, aber er stand -  und der Schutzanzug war geschlossen.
      „Danke, mein Freund,” flüsterte G'Kar.
      Der Vorlone machte eine Geste, die vermutlich ein Nicken war, und drehte sich um. Er zögerte, als er ihn sah, und schien ihn zu studieren. Dann blickte er weg.
      „Was.... was haben Sie gesehen?” fragte Sheridan. „Wie sehen sie aus?”
      Aber bevor er eine Antwort bekommen konnte, drehte sich der Vorlone wieder zu ihm um. <Lernen Sie,> sagte er.
      Eine Macht warf ihn gegen die Wand. Die Augenhöhlen des Vorlonen loderten strahlend auf und er fühlte, wie die Umgebung um ihn herum verblaßte.
      Es war eine tote Welt, unfruchtbar und wüst.
      <Z'ha'dum>
      „Das ist... das ist die Heimatwelt der Schatten. Aber das ist der Ort, wo.... Dort ist ihr Schiff. Das ist es, nicht wahr?”
      <Ja.>
      „Was... passiert jetzt? Oh mein Gott. Sie weckt sie auf, nicht wahr? Sie weckt sie...”
      Das Bild verblaßte, und Sheridan stürzte zu Boden. „Warum haben Sie mir das gezeigt?” fragte er. Er bekam keine Antwort.
      „Er weiß Bescheid,” sagte G'Kar plötzlich. „Die Vorlonen wissen alles, was es über alles zu wissen gibt. Willkommen, Captain. Dieses Treffen wurde seit langem vorbereitet.”
      Sheridan blickte auf G'Kar. Der Narn humpelte, hinkte und hielt behutsam seine Seite, aber er konnte leicht die Stärke der Persönlichkeit in ihm sehen. Die gleiche Stärke der Persönlichkeit, die Leute wie Ta'Lon, Neroon und Na'Toth an seine Seite band.
      Plötzlich regte sich der Vorlone wieder. „Sie sind hier,” sagte er.
      Sheridan fühlte eine bekannte Regung seinen Verstandes umspielen. Da war ein plötzlicher Schmerz und er brach zusammen. Er wußte, daß der Vorlone verantwortlich war, und er blickte zu ihm auf.
      „Lassen Sie... mich... in Ruhe!” schrie er.
      <Sie sind hier,> war dessen einzige Antwort. <Sie müssen bereit sein.>
      „Wer sind...?” Und dann sah er sie.  Den Raum betrat niemand anderes als Ivanova.
      „John, sind Sie in Ordnung?” fragte sie, ihre PPG vor ihr haltend. Ein seltsamer Ausdruck von Ekel breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als die den Vorlone sah. „Was haben sie mit Ihnen gemacht?”
      „Nichts, ich....”
      <Gehen Sie,> sagte der Vorlone zu Susan. <Er ist nicht für Sie. Gehen Sie! Sofort!>
      Sie eröffnete das Feuer. Die PPG-Schüsse waren für einen Vorlonen nicht mehr als Ameisenbisse, aber er konzentrierte sich nur auf sie. „Kommen Sie, John!” schrie sie. „Wir können hier nicht den ganzen Tag bleiben!
      „Aber....” flüsterte er, und dann drang eine weitere Schmerzexplosion durch die Vorderfront seines Gehirns.  
      „Stützen Sie sich auf mich, Captain,” sagte eine bekannte Stimme. Es war Marcus. „Ich werde Sie hier herausschaffen.”
      „Captain,” sagte G'Kar. „Beachten Sie die Warnung, Captain. Hören Sie auf das... was...”
      Sheridan hatte ihn nicht gehört. Schlaff in Marcus Armen, wurde er weggetragen. Neroon und Ta'Lon wollten ihnen folgen, aber G'Kar hob seine Hand.
      <Lassen Sie sie gehen,> sagte der Vorlone. <Er hat eine Bestimmung. Er wird sie erfahren. Wenn es an der Zeit ist.>
      „Und was werden wir jetzt tun, Ha'Cormar'ah G'Kar?” fragte Ta'Lon.
      „Dieser Ort ist für uns verloren,” sagte er. „Aber wir werden wieder aufbauen. Erinnert euch an unseren Vorsatz.”
      <Erinnern Sie sich,> sagte der Vorlone in Übereinstimmung. <Erinnern Sie sich, und lernen Sie.>

*    *    *    *    *    *    *

Die Rückkehr von den G'Khorazhar-Bergen war für Sheridan, Marcus und Ivanova ereignislos verlaufen. Sie waren zu einem Shuttle gelangt, von dem Susan behauptete, es wäre von Commander Corwin bereitgestellt worden. Es war eine einfache Sache gewesen, das Shuttle zur Babylon zu nehmen.
      Corwin war währenddessen nicht untätig gewesen. Er hatte Agenten nach G'Khamazad gesandt und versuchte zu verfolgen, was geschah. Die größte Neuigkeit war im Augenblick der mysteriöse Tod von Councillor Du'Rog. Der Fund der schwarzen Blume, die in seinem Quartier liegengelassen worden war, wies darauf hin, daß der Tod ein politisches Attentat war - organisiert durch die Narngilde der Attentäter, die Thenta Ma'kur. Wer sie bezahlt hatte, war eine andere Sache. Die Angelegenheit mit der kürzlich auf sein Konto geleisteten großen Zahlung durch Agenten, die den ganzen Weg zum Grauen Rat, und zu Satai Sinovals Büro und zu der Kriegsherrin Jha'dur von den Dilgar zurückverfolgt werden konnten, wurde nicht publik gemacht. Councillor Na'Toth schaffte es, ihre Untersuchung von Sheridans Verrat auf Vega 7 ohne viel Wirrwarr zu bereinigen. Sie glaubte, es wäre lediglich etwas finanziell Motiviertes gewesen, und berichtete es genauso G'Kar. Eine Einmischung des Feindes war nicht bemerkt worden.
      Sheridan verbrachte viel von seiner Rückreise von Narn mit Nachdenken und dem Versuch, sowohl in den Visionen, die ihm gezeigt worden waren, als auch in der Geschichte, die Neroon ihm erzählt hatte, einen Sinn zu finden. Nach seiner Ankunft informierte er die Widerstandsregierung über den offiziellen Zweck seiner Reise nach Narn.
      Der Kha'Ri hatte sich geweigert zu glauben, daß die Minbari für den Angriff auf Vega 7 verantwortlich gewesen waren, und sie würden bei einem Schlag gegen die Minbari keine offizielle Unterstützung gewähren. Sheridans privater Verdacht über das Schicksal von Vega 7 blieb einfach ... privat. Später, im Geheimen, trug Susan Ivanova General Hague eine detailliertere und sehr selektive Version von Sheridans Erlebnissen auf Narn durch Susan Ivanova vor. Er begann sich zu fragen, ob der Kha'Ri überhaupt noch ein wirksamer Verbündeter sein würde.
      Es gab noch ein anderes Resultat von Sheridans Reise nach Narn. Ein paar Tage nach seiner Rückkehr suchte er Satai Delenn in ihrem Verhörraum auf. Mr. Welles war nicht anwesend - Sheridan hatte gewartet, bis das der Fall sein würde - und er fand Satai Delenn allein mit nur einer Sicherheitswache und ihren eigenen Alpträumen als Gesellschaft.
      „Mr. Boggs?” sagte er.
      „Ja, Captain.”
      „Machen Sie einen Spaziergang.”
      „Ja, Captain.” Boggs mochte ihn nicht, Sheridan wußte das, aber es kümmerte ihn nicht. Er erwartete nicht, daß die Leute ihn mochten.
      Delenn hob ihren Kopf, und er war erschüttert darüber, wie krank sie aussah. Eine große Müdigkeit lag in ihren Augen, und Verzweiflung in ihrer Haltung. Sie schnappte nach Luft und verkrampfte sich, und er wußte, was ihr Schmerzen verursachte.
      Er schaltete die Elektroschock-Vorrichtung  aus und drehte sich zu ihr um.
      „Wie lange sind Sie schon hier?” fragte er. „Seit ich Sie hierher gebracht habe?” Sie nickte. „Oh mein Gott, was haben sie mit Ihnen gemacht?”
      „Fragen,” antwortete sie. „Scans. Noch mehr Fragen.”
      Sheridan studierte sie genau. „Wie lange ist es her, seit Sie zum letzten Mal etwas gegessen haben?”
      „Minbari können für Zeiträume bis zu zwölf Tagen ohne negative Folgen fasten,” krächzte sie. „Wir tun das in Zeiten der Trauer und des Verlustes.”
      „Wie lange ist es her, seit Sie zum letzten Mal etwas gegessen haben?”  wiederholte er.
      „An Bord Ihres Schiffes,” flüsterte sie. „Bevor ich hier ankam.”
      „Achtzehn Tage,” stieß er entsetzt hervor. Er aktivierte seinen Link. „Hier ist Captain Sheridan an Quartiermeister Chase.”
      „Chase hier,” antwortete der Quartiermeister. Seine Stimme war leise und krächzend wie immer. Sprach der Mann niemals lauter?
      „Bringen Sie ein volle Rationspackung zur Zelle.... oh, was ist das für eine Zelle? Zelle Neunzehn.”
      „Aber Captain, das ist...”
      „Tun Sie es einfach.”
      „Ja, Captain.”
      Die Rationspackung wurde bald darauf gebracht, und Sheridan übergab sie Delenn. „Das hier sollte alle notwendigen Nährstoffe für Menschen für einige Tage enthalten,” sagte er. „Ich bin mir nicht sicher, was es bei einen Minbari bewirken wird.... Und außerdem schmeckt es fürchterlich...”
      „Ich bin mir sicher, es wird in Ordnung sein,” entgegnete sie. „Danke, Captain. Aber... warum?”
      „Ich weiß es nicht,” antwortete er.
      „Doch, Sie wissen es.”
      „Ja,” er nickte. „Ich weiß es.”
      Und er hatte ihr beim Essen und Trinken zugesehen, und anschließend hatte sie ihren Kopf auf ihre Arme gelegt und geschlafen, und er hatte sie beobachtet.
      Und kein Unrecht widerfuhr ihr, nicht hier in seinem großen Haus.
      Und auch Träume erreichten sie nicht.

*    *    *    *    *    *    *

G'Kars Vorbereitungen zum Verlassen des Schreins waren lang. Vieles mußte erledigt werden, die Besprechungen mit seinen Agenten, das Empfangen von Berichten, der lange, langsame Prozeß des Heilens.
      Wegen all' dieser Dinge war er einige Monate später immer noch dort, bewacht von dem Vorlonen und von Neroon und Ta'Lon, seinen vertrauten Wächtern.
      Und dennoch hielten seine vertrauten Wächter einen mysteriösen Fremden, der ihn eines Nachts spät besuchte, nicht auf.
      „Kommen,” sagte der Fremde. „Sie, G'Kar, ja. Sie mitkommen müssen, ja. Mitkommen müssen.”
      „Wer sind Sie?” fragte G'Kar.
      „Nein nein nein, Sie niemals stellen diese Frage, Sie niemals niemals stellen diese Frage. Aber, ich sein genannt Zathras, und ich sein sehr geehrt, Sie zu treffen, ja.”
      „Was wollen Sie?”
      „Nein nein nein, niemals stellen diese Frage ebenfalls.”
      „Natürlich nicht.” G'Kar erreichte jetzt bereits einen gewissen Grad an Wachseins. „Nun, was kann ich für Sie tun?”
      „Sie mit Zathras kommen müssen, ja. Varn uns alle senden zu suchen, ja. Varn bitten Zathras, G'Kar zu finden. Zathras gucken, Zathras reisen, und nun Zathras finden G'Kar. Ja. Zathras tat gut, ja, und jetzt muß G'Kar mit Zathras kommen, ja. Ist sein sehr wichtig.”
      „Mit Ihnen kommen? Wohin?”
      „Zur Großen Maschine natürlich. Ja ja. Zur Großen Maschine.”



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